Unnaschied vunde Gschischde vun "Babble:Helmut Metzger"

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Skipper Michael (Dischbediere | Baidräsch)
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Zail 24:
Es war oft ein Unterfangen, zu dem man sich erst überwinden musste, denn die Bauern waren oft arrogant gegen das "Bettelvolk" und jagten uns mehr als einmal von ihrem Hof. Meistens war ihnen schon soviel Kompensationsware zugetragen worden, dass sie die reinste Warenlager besaßen. Damals ging auch das Wort um, man wundere sich, dass die Bauern ihre Kuh- und Pferdeställe noch nicht mit den eingeheimsten Teppichen ausgelegt hätten ! Wenn Kartoffeläcker abgeerntet waren, kamen Hunderte von hungrigen "Normalverbrauchern" auf diese Äcker gezogen, um sie mit ihren Hacken nochmals umzuwühlen, in der Hoffnung, hie und da doch noch eine vergessene Kartoffel zu finden. Ja, es waren schlimme Zeiten. Übrigens: Da ich kein Fahrrad besaß, um meine "Hamsterfahrten" auf's Land zu unternehmen, tauschte ich mein Klavier gegen ein solches ein. Essen war wichtiger geworden, als Musizieren ! Auch die Zuteilung an Brennmaterialien (sprich Holz) war so dürftig, dass man mit seiner Familie mit dem Handwägelchen abends in den Wald fuhr, um Jedes dürre Bäumchen zu fällen. Natürlich war auch mancher Baum dabei, der nicht zu den dürren gehörte. Aber lieber ein Protokoll durch den Förster, als mit seinen Kindern im Winter kalt sitzen zu müssen. Deshalb fuhr man, wie erwähnt, auch erst abends in den Wald, wenn die Förster ihren Feierabend hatten. Damals war die sogenannte "doppelte Sommerzeit" eingeführt worden, was eine Zeitverschiebung von zwei Stunden brachte und uns helle Abende und Nächte bescherte.
 
Natürlich gab es auch Leute, die es nicht nötig hatten, bei den Bauern "betteln" zu gehen oder heimlich nachts im Wald Brennholz zu schlagen. Das waren diejenigen, die von Beruf wegen mit Wein und sonstigen Mangelwaren zu tun hatten, weil sie mit den ihnen anvertrauten Gütern entsprechend schmieren konnten. Bei denen kamen nachts die Geisterfahrer an, um Kohlen und Briketts, Säcke voll Mehl und andere Kostbarkeiten, von denen Normalverbraucher nur träumen konnten, abzuladen. derDer damals ins Kino ging, musste außer Eintrittsgeld noch einen Brikett mitbringen - und war eine andere Familie besuchte, brachte seine eigenen Lebensmittel mit !
 
Ja, es waren schlimme Zeiten, die ich nach meiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft Ende 1945 und danach vorfand. Von der sogenannten "Entnazifizierung" (wofür man ziehharmonika-ähnliche Fragebogen ausfüllen musste) und von der allwöchentlichen Meldung bei der Surete (weil ich Offizier gewesen bin) gar nicht zu reden. Aber so wie mir, erging es allen anderen Landsleuten auch.
 
Meine Familie ließ sich aber nicht unterkriegen. Wir hatten den Krieg überlebt, nun galt es, auch die Hungerjahre zu überstehen! Wie in der Kriegsgefangenschaft, schrieb ich auch jetzt trotzige Gedichte nach dem Motto ''Jetzt erst recht!.'' Und als die erste Tageszeitung nach dem Kriege erschien, es war die RHEINPFALZ, bot ich ihr diese Gedichte zum Abdruck an. Sie wurden auch genommen und von den Lesern als das verstanden, was gemeint war: Tragt das Geschick mit Galgenhumor, es wird auch wieder anders 1 Ich fand nicht nur ein positive Echo, nein ein Laser schrieb sogar in einem "Eingesandt", ich sei ein Heimatdichter I! Natürlich war ich das nicht; ich stellte mich aber zuhause vor den Spiegel, zog vor mir den Hut und sagte selbstironisch: "Gun Dach Herr Heimatdichter I!" Aber diese überzogene Titulierung beflügelte mich sehr und gab mir die Courage, auf dem eingeschlagenen Wege weiterzumachen. Zunächst besorgte ich mir aus der Landesbibliothek in Speyer Bücher über die Gesetze der Poetik (Buchhandlungen hatten zu jeder Zeit derartiges noch nicht wieder aufzuweisen) und stellte zu meinem frohen Erstaunen fest, dass ich die Reimformen, besonders den Umgang mit Jamben und Trochäen intuitiv richtig gehandhabt hatte. Ich fühlte mich bestätigt, Talent und Gefühl mitbekommen zu haben.
 
Zu jener Zeit - man schrieb das Jahr 1946 - bestand in Neustadt an der Rarität eine gesellige Gruppe von literatur-, musik- und weinbeflissenen Männern. Sie nannten sich "Die Landsknechte der Weinstraße". Ihr "Kondottiere" war der Verleger Daniel Meininger. Zu den Chargen und führenden Köpfen gehörten u.a. die Dichter und Schriftsteller Leopold Reitz und Heinz Lorenz-Lambrecht. Auch Weingutsbesitzer aus der Vorderpfalz waren dabei, wie beispielsweise Fritz Bergdolt aus Duttweiler. Sie hatten von mir und meinen Publikationen gehört und luden mich, neugierig geworden, zu ihrem Zusammenkünften ein. Ihr Stammlokal war der "Goldene Engel" in Hambach mit der Wirtin und damals einzigen "Marketenderin" Amanda Funk. Bald war ich für würdig befunden worden, dem illustren Kreis anzugehören und wurde vollwertiges Mitglied. Wie fast jeder andere "Landeknecht" gab ich bei jedem Treffen eine Probe meines Könnens und wurde zum Protokoller ernannt. Von da an hielt ich jede Sitzung in heiterer Versform fest. Der Wein war nach wie vor blockiert, aber unsere Mitglieder., besonders die Weingutsbesitzer, trieben aus verborgenen Quellen immer wieder etwa:etwas Flüssiges auf. Da zu jener Zeit kaum jemand ein Auto besaß oder eines fahren durfte (der "Rote Winkel" zum Fahrzeughalten und die Benzinzuteilungen wurden nur sehr spärlich vergeben), kamen wir entweder mit den noch sparsam verkehrenden öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad zu den Zusammenkünften. Oft kamen wir auch auf Schusters Rappen. Dann waren wir eher "Weinknechte der Landstraße", als "Landsknecht der Weinstraße" I! Übrigens waren die "Landsknechte" die Urzelle der in den 50er Jahren ins Leben gerufenen Weinbruderschaft der Pfalz, der ich natürlich seit dieser Zeit auch angehöre 1947 lernte ich den späteren "Troubadur der Weinstraße" Kurt Dehn kennen. Er war gerade aus Amerika, wo er in Kriegsgefangenschaft war, in seinen Heimatort Leistadt zurückgekommen. Ein in Leistadt stationierter Lehrer, der mit mir im Kriegsgefangenenlager Heilbronn war, stellte ihn mir vor. Bald nahm ich ihn mit zu den "Landsknechten", wo auch er ein Gleicher unter Gleichen wurde. Kurt Dehn und ich sowie die Landeknechte Hans Moster (späterer Dirigent der Pfälzer Weinkehlchen), Ewald Kaiser, Werner Wendel sowie die zweite Marketenderin Trudel Meyer-Hoffmeister nahmen damals schon Einladungen zur Gestaltung von literarisch-musikalischen "Gastspielen" an, die wir bei Betriebsfeiern (Uhu-Werke in Bühl) und sonstigen Anlässen vorführten. Und ganz allmählich kam da und dort wieder die Geselligkeit zu Wort. Anfragen, ob ich bei öffentlichen und privaten heimatlich geprägten Veranstaltungen auftreten wolle, erreichten mich immer häufiger. Ich sagte zu, soweit es meine beruflichen Pflichten erlaubten, und brachte so meine heiteren und heiter-besinnlichen Gedichte und Vorträge einem großen Publikum zu Gehör. Für mich gibt es keine größere Freude und Genugtuung, als die, andere Menschen zu unterhalten, sie zum Schmunzeln und Lachen, aber auch zum Nachdenken zu bringen. Das gilt für die mehr als 40 Jahre, in denen ich öffentlich auftrat.
 
So kam es, dass ich bis zum heutigen -zig Tausende und Abertausende von Mitmenschen in Sälen, Festhallen, in freier Natur, aber auch in Bibliotheksräumen und Buchhandlungen froh machen durfte. Die Veranstaltungen, zu denen man mich rief, reichten von Pfälzer Abenden und -Nachmittagen, von Vereinsfeiern, Jubiläumsveranstaltungen, Betriebsfesten, Altennachmittagen, Weihnachtsfeiern, Karnevalsitzungen und Autorenlesungen bis zu Unterhaltungen auf Kreuzfahrtschiffen auf hoher See.
Ich bin dem Schicksal dankbar, dass es mir neben der Gabe des Fabulierens auch die des Vortragens und Rezitierens geschenkt hat. Oft hatte ich bei meinen Veranstaltungen Partner wie die Mundartdichter Karl Räder, Ludwig Hartmann, den Bellemer Heiner, Gerd Runck und Paul Tremmel sowie die Heimatsänger und -sängerinnen Kurt Dehn, Kurt Kotterer und Anni Becker, Ich bin auch stolz darauf, dass ich die Altmeister Karl Räder, Ludwig Hartmann und Bellemer Heiner, die fast ein Menschenalter vor mir geboren wurden, zu meinen Duz-Freunden zählen durfte.
dass ich die Altmeister Karl Räder, Ludwig Hartmann und Bellemer Heiner, die fast ein Menschenalter vor mir geboren wurden, zu meinen Duz-Freunden zählen durfte.
 
Im Mittelpunkt meiner Gedichte und Vorträge steht immer wieder der Mensch - der Mensch in seiner Beziehung zum Mitmenschen, zum Wein, kurz der Mensch in allen Bereichen des Lebens, natürlich auch in seinen vielen Konfliktsituationen. Der Mensch in seinen (gelegentlichen) Stärken und vielen Schwächen ist für mich ein unerschöpfliches Thema. Schließlich siegt in den meisten Fällen der Optimismus und der Glaube an das Gute. Den besserwissenden Zeigefinger erhebe ich nicht gerne, bin ich doch selber ein Mensch mit all den aufgezeigten Schwächen!
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